Gamification richtig einsetzen! – Teil 1

Erstellt am: 09.Mrz 2021 | von: | Kategorie(n): Design

Was ist Gamification eigentlich?

Gamification ist kurz gesagt ein konzeptioneller Ansatz der spieltypische Elemente und Methoden aus dem Gaming-Bereich für andere spielfremde Bereiche und Zusammenhänge adaptiert. 

Wann kann man Gamification einsetzen?

Gamification kann man nutzen um Zielgruppen mit spieltypischen Elementen zu ausgewählten Interaktionen zu bewegen, die häufig ohne Gamification gar nicht oder schwer getriggert werden können. 

Häufig ist die Zielgruppe in folgender Ausgangssituation: sie ist 

  • unmotiviert
  • desinteressiert
  • widerwillig
  • uneinsichtig
  • abgelenkt
  • unaufmerksam

Was sind spieltypische Elemente?

Spieltypische Elemente sind beispielsweise Aufgaben (eine Reise) & Regeln (Spielregeln) vor dem Hintergrund von Zielen (Einzel- oder kollaborativer Sieg oder Vervollständigung) & Möglichkeiten (Weiterentwicklung & Perfektionierung). Dazu gesellen sich Teambildung (Netzwerkspiele), Statuserlangung (Levels), Sieg und Niederlage (GameOver), Vergleiche und Ranglisten (Top10), Boni (Extra Leben) und Gratifikationen (Credits) oder Wandlung (Upgrade) und Transformation (Gestaltveränderung). Spielteilnahmen sind auch an Teilnahmebedingungen wie Basisfähigkeiten, Eigenschaften, Mitgliedschaften oder Vorbereitungsphasen geknüpft. Manchmal werden Charaktere ausgebildet, geformt und weiterentwickelt. Dann gibt es noch Hilfsmittel wie Zähler, Ranglisten, audiovisueller Markierungen und Effekte die den erlangten Erfolg in alle Sinnen tragen und die Impression vertiefen.

Was bewirkt Gamification?

Gamification kann die Hürde zur Interaktion senken, indem der für den Menschen urtypische Spieltrieb angesprochen wird. Dieser Spieltrieb war maßgeblich an der Entwicklung der Menschheit beteiligt. Heute wird Spieltrieb oft mit kindlich naiven Attributen assoziiert und stellt sich je nach Altersgruppe auch als Problem dar, z.B. wenn der Nutzen für einen User nicht frühzeitig erkennbar ist. Seniorige User neigen dazu den Spieltrieb nicht auszuleben. Ursprünglich jedoch war spielen einmal das Auskundschaften und Probieren von neuen Wegen und Maßnahmen zur Erlangung von Fertigkeiten, dass auf kurzer Strecke zu kleinen Erfolgen und Belohnungen und auf langer Strecke zur Ausbildung von Fähigkeiten geführt hat. Von diesen Fähigkeiten profitieren wir noch heute. 

Gamification kann die Ausgangssituation der Zielgruppe maßgeblich verändern und führt im Optimalfall zu einer zufriedenstellenderen Interaktion zwischen Marke und Kunde, Mitarbeiter und Vorgesetztem oder User und App.

Gamification kann Marke und Produkt in einem attraktiveren Bild erscheinen lassen und maßgeblich zur jeweiligen Identität beitragen.

Welche Probleme kann ich mit Gamification lösen?

Spielfremde Einsatzmöglichkeiten für Gamification

  • Mitarbeiterentwicklung und -motivation
  • Kundenentwicklung und -motivation
  • Verhaltensänderung herbeiführen
  • Motivationsteigerung erreichen
  • Lead-Generierung
  • Conversion-Steigerung
  • Accountverwaltung
  • Datenbestände aktualisieren

Beispiel: veralteter Datenbestand

Szenario: Meine Datenbank hat einen zu hohen Anteil an Kunden mit veralteten Email-Adresse. Wichtige Kundenmitteilungen und rechtliche Informationen können so nicht zugestellt werden.

Möglichkeit 1: Ich triggere den Kunden über die App-Push-Notification oder beim nächsten App-Start gegen Belohnung sein Kontaktdaten inkl. Email-Adresse zu validieren und zu bestätigen.

Möglichkeit 2: Ich biete dem Kunden einen zusätzlichen Instantvorteil um eine schnellere Reaktion zu triggern.

Beispiel: fehlende Bankverbindung

Szenario: Der Kunde eines Online-Shops bezahlt seine Bestellung mit Vorliebe über Paypal.

Lösung: Ein Gutschein kann den Kunden dazu bewegen eine Direct-Debit-Information preiszugeben und in Folge dessen die Wahrscheinlichkeit zur Nutzung erhöhen.

Vorteil für den Kunden, der Gutschein
Vorteil für den Shop-Betreiber, die Gebühr für Paypal fällt weg

Ausprägungen von Gamification

Gamification spiegelt sich in Flows und UIs wieder. Beispiele für UI-Elemente:

  • Farben & iconographische Elemente
  • Character & Figuren
  • Audiovisiuelle Angebote wie Animationen
  • Fortschrittsanzeigen und Levels
  • Virtuelle Werte, z.B. ein Score
  • Aufforderungen & Mitwirkung
  • Teambildung & Verpflichtungen

Wertebildung mit Gamification

Wesentlicher Bestandteil von Gamification ist die Wertebildung. Die Wertebildung kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen und reicht von materiellen Werte bis zu rein virtuellen Werten. Typische Werte sind z.B. Belohnungen, die für gewisse Tätigkeiten vergeben werden. Die Art der Belohnung ist wesentlicher Bestandteil der Gamification. Materielle Belohnungen in Form von Gutscheinen, Geschenken oder virtuelle Belohnungen wie ein Punktestand, andere Formen von Incentivierung.

Was ist Gamification ganz sicher nicht?

Die Elemente von Gamification sind oberflächlich betrachtet in den Köpfen vieler Konzepter scheinbar farbige Elemente, die die Zielgruppe auf kindlich naive Art ansprechen. Das ist ein großes Missverständnis von Gamification. Es geht hier nicht um visuelle Ausprägung von User-Controls, nicht nur. Im UX-Kontext hat Gamification nicht eine rein oberflächliche Qualität und beschränkt sich wenn sie gut gemacht ist nicht nur auf die spielerische Auslegung von Gestaltungselementen als blinkende Icons oder Ladebalken.

Ein gutes Beispiel wäre die Gegenüberstellung von Schach mit Tetris. Schach hat eine überschaubare leicht verständliche Menge an Regeln, verfügt über die notwendige Ernsthaftigkeit, wenig gestalterischen Spielraum und Ablenkung und ein klares Ziel – Schach dem König.

Tetris hingegen blinkt bunt, alles zappelt und piept, fordert mehr Aufmerksamkeit der Sinne ein als notwendig. Dadurch kann das Ziel – das Board zu bereinigen – beeinträchtigt werden.

Fortsetzung folgt…..

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Über den Autor

Hier schreibt Ingo Förster, UX-Professional und -Stratege über User Experience-Design. User-Interface-Design, Web-Design & Programmierung, manchmal auch über Online-Marketing und alles was zum täglichen Brot eines UXlers gehört.

Ingo hat durch seine selbständige Tätigkeit viel Erfahrung in zwei Hauptbereichen sammeln können. Zum einen in im weiteren Sinne Interaction Design mit allen Disziplinen, angefangen mit Grafischer Gestaltung für Web, Programmierung von Internet-Auftritten mit Typo3, Wordpress oder Magento eCommerce und Usability-Konzepten für Touch-Bedienung. Randbereiche wie SEO und Online-Marketing wurden regelmäßig bearbeitet.

Ingo interessiert sich für Webtechnologien, Touch-UIDs und erleichterte Bedienverhältnisse in Software. Ingo ist im Bereich Multimedia lehrend tätig gewesen.